Philosophisches Café
Thema: Beschämung und Demütigung. Über Macht und Ohnmacht
Gast: Ute Frevert
»Der Staat rückte von Beschämung als Mittel der Normkontrolle zusehends ab und überließ das Feld der Gesellschaft.« (Ute Frevert)
In China werden Gesichtserkennungssysteme installiert, die »Verkehrssünder« auf riesigen Bildschirmen an den Pranger stellen. Den Pranger hatten wir im alten Europa schon ohne Gesichtserkennung. Er wurde abgeschafft. Aber die Beschämung und Demütigung sind nicht verschwunden. Wurde der Pranger also nur modifiziert?
Dieser Frage geht Ute Frevert in ihrem Buch »Die Politik der Demütigung – Schauplätze von Macht und Ohnmacht« (S. Fischer) nach. Die Historikerin ist Direktorin am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, sie leitet den Forschungsbereich »Geschichte der Gefühle«.
Beschämung und deren Steigerung, die Demütigung, das zeigt sie, verschwinden nicht so leicht, wie es die Aufklärung glaubte. Sind sie ein universelles und zugleich höchst wandelbares Regulativ von Gesellschaften? War es noch vor wenigen Generationen der »Schandfleck« an der Wand oder der Riss in der Hose, deretwegen man sich schämte, so werden heute Jeans aufwendig demoliert, um Zeichen von Zugehörigkeit und von Ausgrenzung zu setzen.
Jedenfalls ist die Politik der Beschämung heute demokratisiert. Ohne das Publikum geht nichts oder »geht gar nichts«, wie es in einem neuen Sound der Ausgrenzung tönt.
Gastgeber: Reinhard Kahl
Mit freundlicher Unterstützung der Udo Keller Stiftung Forum Humanum, Medienpartner NDR Info
Dienstag, 13.2.2018
19.00 Uhr
€ 12,– /8,–
Literaturhaus