nicole krauss
Ein Ungetüm. Dunkel, mächtig, so groß wie ein halbes Zimmer. 19 Schubladen, eine davon vor vielen Jahren abgesperrt. Dem einen verschafft er Beklemmungen, die andere kann erst, wenn sie davor sitzt, ihre Gedanken fließen lassen. Ein monströser Schreibtisch wird in „Das große Haus” (Rowohlt Verlag, Übersetzung: Grete Osterwald), dem neuen Roman der amerikanischen Autorin Nicole Krauss, zum Katalysator für eine Fülle individueller Geschichten, aus denen Krauss bravourös ein engmaschiges Stück Zeitgeschichte strickt. Schicksale sind durch das gewaltige Möbelstück unentwirrbar verknüpft: das des chilenischen Dichters und Widerstandskämpfers Daniel Varsky und der ihm verfallenen amerikanischen Schriftstellerin Nadia. Das des israelischen Vaters, der nach dem Tod seiner Frau versucht, seinem Sohn Dov, einem „seltsamen Jungen, der von Anfang an nach innen wuchs“, näher zu rücken. Das von Lotte Berg, der Holocaust-Überlebenden, die am Ende ihres Lebens nicht mehr weiß, wer sie ist, und nach ihrem Tod ihrem Mann auf erschütternde Weise klarmacht, dass auch er davon nicht die geringste Ahnung hatte. Und schließlich das der Geschwister Leah und Yoav, Kinder des Antiquitätenhändlers Georg Weisz, der wie besessen durch Europa rast, um die möblierten Habseligkeiten ermordeter jüdischer Familien aufzuspüren. So wird der Schreibtisch zur Metapher für den großen Verlust des vergangenen Jahrhunderts.
Mit „Das große Haus” ist Nicole Krauss, die mit ihrem Mann Jonathan Safran Foer und ihren beiden Kindern in Brooklyn lebt, nach „Die Sprache der Liebe” von 2005 erneut ein ungemein fesselndes und erschütterndes Buch gelungen, das durch „exquisit ausgewählte sensorische Details” (The New York Times) überzeugt. Sprachmächtig und intelligent windet sich die Handlung durch die Jahrzehnte, durch die politischen Systeme, schlingt sich immer enger um die Protagonisten und wartet mit einer erstaunlichen Pointe auf. Brillanter und schmerzvoller ist von den Hinterlassenschaften des Holocaust lange nicht erzählt worden: „Wie kann man Jude sein ohne Jerusalem? Wie kann man Jude sein ohne ein Land? Wie kann man Gott Opfer bringen, wenn man nicht weiß, wo man ihn finden soll?
Ein Ungetüm. Dunkel, mächtig, so groß wie ein halbes Zimmer. 19 Schubladen, eine davon vor vielen Jahren abgesperrt. Dem einen verschafft er Beklemmungen, die andere kann erst, wenn sie davor sitzt, ihre Gedanken fließen lassen. Ein monströser Schreibtisch wird in „Das große Haus” (Rowohlt Verlag, Übersetzung: Grete Osterwald), dem neuen Roman der amerikanischen Autorin Nicole Krauss, zum Katalysator für eine Fülle individueller Geschichten, aus denen Krauss bravourös ein engmaschiges Stück Zeitgeschichte strickt. Schicksale sind durch das gewaltige Möbelstück unentwirrbar verknüpft: das des chilenischen Dichters und Widerstandskämpfers Daniel Varsky und der ihm verfallenen amerikanischen Schriftstellerin Nadia. Das des israelischen Vaters, der nach dem Tod seiner Frau versucht, seinem Sohn Dov, einem „seltsamen Jungen, der von Anfang an nach innen wuchs“, näher zu rücken. Das von Lotte Berg, der Holocaust-Überlebenden, die am Ende ihres Lebens nicht mehr weiß, wer sie ist, und nach ihrem Tod ihrem Mann auf erschütternde Weise klarmacht, dass auch er davon nicht die geringste Ahnung hatte. Und schließlich das der Geschwister Leah und Yoav, Kinder des Antiquitätenhändlers Georg Weisz, der wie besessen durch Europa rast, um die möblierten Habseligkeiten ermordeter jüdischer Familien aufzuspüren. So wird der Schreibtisch zur Metapher für den großen Verlust des vergangenen Jahrhunderts.
Mit „Das große Haus” ist Nicole Krauss, die mit ihrem Mann Jonathan Safran Foer und ihren beiden Kindern in Brooklyn lebt, nach „Die Sprache der Liebe” von 2005 erneut ein ungemein fesselndes und erschütterndes Buch gelungen, das durch „exquisit ausgewählte sensorische Details” (The New York Times) überzeugt. Sprachmächtig und intelligent windet sich die Handlung durch die Jahrzehnte, durch die politischen Systeme, schlingt sich immer enger um die Protagonisten und wartet mit einer erstaunlichen Pointe auf. Brillanter und schmerzvoller ist von den Hinterlassenschaften des Holocaust lange nicht erzählt worden: „Wie kann man Jude sein ohne Jerusalem? Wie kann man Jude sein ohne ein Land? Wie kann man Gott Opfer bringen, wenn man nicht weiß, wo man ihn finden soll?