lizzie doron
l„Zukunft braucht Herkunft!” Ernst Bloch
Das Kind will wissen. Die Mutter will vergessen. Am Ausgangspunkt von Lizzie Dorons neuem Roman „Das Schweigen meiner Mutter” (dtv; Übersetzung: Mirjam Pressler) steht das Foto der kleinen Elisabeth, im Kostüm einer Krakowiak-Tänzerin, verlegen in die Kamera lächelnd. Dahinter im Gebüsch, halb verborgen, ein Männergesicht. Der Vater? Der Vater. Nur dieses Foto ist der Tochter geblieben und dazu ein Koffer voller Fragen. Gerüchte, auf dem Schulhof aufgeschnappt, von den Freundinnen eingeflüstert: Ein Dorf namens Shoah soll es gegeben haben, in dem alle Bewohner verbrannt sind, sechs Millionen Menschen: „Ich und meine Albträume kehrten nach Hause zurück. Nachts warf ich mich im Bett hin und her und sah brennende Menschen.” Was hat es damit auf sich? Und wo ist der Vater geblieben? Was war sein Beruf? Woran ist er gestorben? Doch die Mutter steht in der Küche und hackt wortlos Gemüse klein, Gurken, Paprika, Tomaten, zu winzigen Stücken. Das Kind, Alisa heißt es im Roman, bekommt keine Antwort, niemals. Erst als Erwachsene, als sie mit den Freundinnen Dorit und Bracha die Kindertage – meistens auf Beerdigungen – wieder aufleben lässt, beginnt sie, das Schweigen der Mutter zu begreifen: „Einen Moment lang, einen kurzen Moment lang, war ich ein Kind mit Mutter und Vater gewesen.”
Die israelische Schriftstellerin Lizzie Doron, 1953 in Tel Aviv geboren, legt nach „Warum bist du nicht vor dem Krieg gekommen?” und „Ruhige Zeiten” ihr intimstes, persönlichstes Buch vor, in dem sie versucht, ihrer Herkunft nachzuspüren, die große Leerstelle ihrer Biografie aufzufüllen und, wie alle Kinder von Holocaust-Überlebenden, das Unfassbare zu verstehen. Für ihre glänzende, mit leichter Hand und tiefem Geist verfasste Literatur wurde sie u.a. 2007 mit dem Bremerhavener Jeannette-Schocken-Preis geehrt. In der Laudatio heißt es: „Lizzie Doron ist eine israelische Schriftstellerin, die jenen eine Stimme gibt, die sie selbst nicht erheben, die jenen Raum verschafft, den sie sich selber nicht nehmen können.“
l„Zukunft braucht Herkunft!” Ernst Bloch
Das Kind will wissen. Die Mutter will vergessen. Am Ausgangspunkt von Lizzie Dorons neuem Roman „Das Schweigen meiner Mutter” (dtv; Übersetzung: Mirjam Pressler) steht das Foto der kleinen Elisabeth, im Kostüm einer Krakowiak-Tänzerin, verlegen in die Kamera lächelnd. Dahinter im Gebüsch, halb verborgen, ein Männergesicht. Der Vater? Der Vater. Nur dieses Foto ist der Tochter geblieben und dazu ein Koffer voller Fragen. Gerüchte, auf dem Schulhof aufgeschnappt, von den Freundinnen eingeflüstert: Ein Dorf namens Shoah soll es gegeben haben, in dem alle Bewohner verbrannt sind, sechs Millionen Menschen: „Ich und meine Albträume kehrten nach Hause zurück. Nachts warf ich mich im Bett hin und her und sah brennende Menschen.” Was hat es damit auf sich? Und wo ist der Vater geblieben? Was war sein Beruf? Woran ist er gestorben? Doch die Mutter steht in der Küche und hackt wortlos Gemüse klein, Gurken, Paprika, Tomaten, zu winzigen Stücken. Das Kind, Alisa heißt es im Roman, bekommt keine Antwort, niemals. Erst als Erwachsene, als sie mit den Freundinnen Dorit und Bracha die Kindertage – meistens auf Beerdigungen – wieder aufleben lässt, beginnt sie, das Schweigen der Mutter zu begreifen: „Einen Moment lang, einen kurzen Moment lang, war ich ein Kind mit Mutter und Vater gewesen.”
Die israelische Schriftstellerin Lizzie Doron, 1953 in Tel Aviv geboren, legt nach „Warum bist du nicht vor dem Krieg gekommen?” und „Ruhige Zeiten” ihr intimstes, persönlichstes Buch vor, in dem sie versucht, ihrer Herkunft nachzuspüren, die große Leerstelle ihrer Biografie aufzufüllen und, wie alle Kinder von Holocaust-Überlebenden, das Unfassbare zu verstehen. Für ihre glänzende, mit leichter Hand und tiefem Geist verfasste Literatur wurde sie u.a. 2007 mit dem Bremerhavener Jeannette-Schocken-Preis geehrt. In der Laudatio heißt es: „Lizzie Doron ist eine israelische Schriftstellerin, die jenen eine Stimme gibt, die sie selbst nicht erheben, die jenen Raum verschafft, den sie sich selber nicht nehmen können.“