john burnside
Nein, für Gutfühlliteratur ist John Burnside, der meisterhafte Erzähler aus Schottland, nicht zu haben. Ihn interessiert das Abgründige, das Düstere. Mit Romanen wie „Die Spur des Teufels” oder „Glister” bohrte er sich mitten in die verrottete Seele der Gesellschaft. Nun veröffentlicht der Knaus Verlag einen weiteren Text, im Original bereits 2006 erschienen: „Lügen über meinen Vater”(Übersetzung: Bernhard Robben). Er könnte am tiefen, dunklen Grund von allem liegen, verstört das Buch doch schon mit der Zueignung: „Dieses Buch liest man am besten als ein Werk der Fiktion. Wäre mein Vater hier, um mit mir darüber zureden, gäbe er mir bestimmt Recht, wenn ich sagte, es sei ebenso wahr zubehaupten, dass ich nie einen Vater wie dass er nie einen Sohn hatte.”
Burnside erzählt seine eigene Geschichte, die Kindheit in der schottischen Provinz, die Liebe zu den „Brüdern Karamasow”, der erste LSD-Trip, das Studium in Cambridge, ein Aufenthalt in der Psychiatrie, seine Hingabe zugewaltvollen sexuellen Praktiken, Mordgedanken, ein weiterer Aufenthalt in der Psychiatrie – und endlich: der Tod des Vaters. Unverstellt enthüllt er, wie er zudem wurde, was er heute ist, und wie einzig die zerrüttete Persona des Vaters das Schicksal des Sohnes in jene unheilvolle Form zugießen vermochte. Unermüdlich erfand der Vater, als Findelkind auf dem Treppenabsatz einer fremden Familie abgelegt, sich eine heile Biografie und verwirrte sein Umfeld mit Lügengeschichten. Burnside malt nicht schwarz, nicht weiß, sondern schildert: Die Mutter, die sich durch den Krebstod aus dem Elend selbst zu erlösen scheint, wirkt manchmal stark, manchmal paranoid und ist doch nur das Opfer eines gewalttätigen Mannes. Dieser markiert draußen den charmesprühenden Hallodri, der allen Nachbarskindern Eis spendiert, und verwandelt sich in den billigen eigenen vier Wänden in ein wutschnaubendes Monstrum. Seine größte Gräueltat indes bleibt, den eigenen Kindern einzutrichtern, dass sie nichts, aber auch gar nichts wert seien. Burnsides Buch bläst einen um, weil es ehrlich ist, weil es weder den Autor noch die Leser schont. Es beschwört den verschreckten, entsetzten Jungen John Paul George Burnside, den nichts als die Liebe zur Literatur zuheilen vermochte. Das ist großes Erzählen.
Nein, für Gutfühlliteratur ist John Burnside, der meisterhafte Erzähler aus Schottland, nicht zu haben. Ihn interessiert das Abgründige, das Düstere. Mit Romanen wie „Die Spur des Teufels” oder „Glister” bohrte er sich mitten in die verrottete Seele der Gesellschaft. Nun veröffentlicht der Knaus Verlag einen weiteren Text, im Original bereits 2006 erschienen: „Lügen über meinen Vater”(Übersetzung: Bernhard Robben). Er könnte am tiefen, dunklen Grund von allem liegen, verstört das Buch doch schon mit der Zueignung: „Dieses Buch liest man am besten als ein Werk der Fiktion. Wäre mein Vater hier, um mit mir darüber zureden, gäbe er mir bestimmt Recht, wenn ich sagte, es sei ebenso wahr zubehaupten, dass ich nie einen Vater wie dass er nie einen Sohn hatte.”
Burnside erzählt seine eigene Geschichte, die Kindheit in der schottischen Provinz, die Liebe zu den „Brüdern Karamasow”, der erste LSD-Trip, das Studium in Cambridge, ein Aufenthalt in der Psychiatrie, seine Hingabe zugewaltvollen sexuellen Praktiken, Mordgedanken, ein weiterer Aufenthalt in der Psychiatrie – und endlich: der Tod des Vaters. Unverstellt enthüllt er, wie er zudem wurde, was er heute ist, und wie einzig die zerrüttete Persona des Vaters das Schicksal des Sohnes in jene unheilvolle Form zugießen vermochte. Unermüdlich erfand der Vater, als Findelkind auf dem Treppenabsatz einer fremden Familie abgelegt, sich eine heile Biografie und verwirrte sein Umfeld mit Lügengeschichten. Burnside malt nicht schwarz, nicht weiß, sondern schildert: Die Mutter, die sich durch den Krebstod aus dem Elend selbst zu erlösen scheint, wirkt manchmal stark, manchmal paranoid und ist doch nur das Opfer eines gewalttätigen Mannes. Dieser markiert draußen den charmesprühenden Hallodri, der allen Nachbarskindern Eis spendiert, und verwandelt sich in den billigen eigenen vier Wänden in ein wutschnaubendes Monstrum. Seine größte Gräueltat indes bleibt, den eigenen Kindern einzutrichtern, dass sie nichts, aber auch gar nichts wert seien. Burnsides Buch bläst einen um, weil es ehrlich ist, weil es weder den Autor noch die Leser schont. Es beschwört den verschreckten, entsetzten Jungen John Paul George Burnside, den nichts als die Liebe zur Literatur zuheilen vermochte. Das ist großes Erzählen.