harbour front literaturfestival: karl-heinz ott
„Fünfzig Jahre später wird er schreiben: Die Stelle, an der sie mich zum ersten Mal angeschaut hat, müsste ein Wallfahrtsort werden, dem die Leute sich nur auf Knien nähern dürfen. Nie habe ich ein schöneres Gesicht, nie herrlichere Brüste gesehen. Von einer solchen Missionarin will man gern bekehrt werden, zu welchem Glauben auch immer. An Gott denkt kein Mensch, der vor ihr steht. Wer bist du?, fragte sie ihn, und er sagte: Jean-Jacques.”
In nur neun Tagen lernt der junge Philosoph, dessen Mutter im Kindesbett gestorben ist, den Katechismus auswendig, um vom Calvinismus zum Katholizismus zu konvertieren. Er will endlich eine „Mama” haben, „mit echten Brüsten”. Sein Vater setzte ihn vor die Tür und bei „Mama” fand er für sechs Jahre Behaglichkeit und Trost. Diese Zeit führt zu einer Obsession und zu Kummer und Wahn, die sich hauptsächlich in tödlichen Krankheiten hypochondrischer Art widerspiegeln.
In Karl-Heinz Otts fantastisch-skurrilem Roman „Wintzenried” (Hoffmann und Campe) lernt der Leser ganz neue Seiten des Philosophen Jean-Jacques Rousseau kennen: Dieser kommt zeitlebens nicht darüber hinweg, dass der Friseur Wintzenried den Platz im Bett seiner 13 Jahre älteren Geliebten eingenommen hat. Gäbe es Wintzenried nicht, würde Rousseau glücklich sein, müsste er nicht gegen die Welt toben und zum Wegbereiter der Französischen Revolution werden. Ohne Wintzenried wäre alles gut, glaubt er. Wahnsinn und Wahrheit, das Tragische und das Bizarre sind im Leben Rousseaus nicht auseinanderzuhalten: Dass Verfolgungs- und Größenwahn zusammengehören, lässt sich nirgends besser sehen als an diesem epochemachenden Philosophen, der die ganze verrottete Menschheit auf die Anklagebank setzt. Voll leiser Komik beleuchtet der vielfach ausgezeichnete Autor Karl-Heinz Ott ein Leben, das für seinen Protagonisten überhaupt nicht zum Lachen ist.
Der 1957 geborene Karl-Heinz Ott hat u.a. 2008 den viel beachteten Roman „Ob wir wollen oder nicht” verfasst. Der Literaturkritiker Jörg Magenau moderiert den Abend im knarzigen Schiffsbauch der Cap San Diego.
„Fünfzig Jahre später wird er schreiben: Die Stelle, an der sie mich zum ersten Mal angeschaut hat, müsste ein Wallfahrtsort werden, dem die Leute sich nur auf Knien nähern dürfen. Nie habe ich ein schöneres Gesicht, nie herrlichere Brüste gesehen. Von einer solchen Missionarin will man gern bekehrt werden, zu welchem Glauben auch immer. An Gott denkt kein Mensch, der vor ihr steht. Wer bist du?, fragte sie ihn, und er sagte: Jean-Jacques.”
In nur neun Tagen lernt der junge Philosoph, dessen Mutter im Kindesbett gestorben ist, den Katechismus auswendig, um vom Calvinismus zum Katholizismus zu konvertieren. Er will endlich eine „Mama” haben, „mit echten Brüsten”. Sein Vater setzte ihn vor die Tür und bei „Mama” fand er für sechs Jahre Behaglichkeit und Trost. Diese Zeit führt zu einer Obsession und zu Kummer und Wahn, die sich hauptsächlich in tödlichen Krankheiten hypochondrischer Art widerspiegeln.
In Karl-Heinz Otts fantastisch-skurrilem Roman „Wintzenried” (Hoffmann und Campe) lernt der Leser ganz neue Seiten des Philosophen Jean-Jacques Rousseau kennen: Dieser kommt zeitlebens nicht darüber hinweg, dass der Friseur Wintzenried den Platz im Bett seiner 13 Jahre älteren Geliebten eingenommen hat. Gäbe es Wintzenried nicht, würde Rousseau glücklich sein, müsste er nicht gegen die Welt toben und zum Wegbereiter der Französischen Revolution werden. Ohne Wintzenried wäre alles gut, glaubt er. Wahnsinn und Wahrheit, das Tragische und das Bizarre sind im Leben Rousseaus nicht auseinanderzuhalten: Dass Verfolgungs- und Größenwahn zusammengehören, lässt sich nirgends besser sehen als an diesem epochemachenden Philosophen, der die ganze verrottete Menschheit auf die Anklagebank setzt. Voll leiser Komik beleuchtet der vielfach ausgezeichnete Autor Karl-Heinz Ott ein Leben, das für seinen Protagonisten überhaupt nicht zum Lachen ist.
Der 1957 geborene Karl-Heinz Ott hat u.a. 2008 den viel beachteten Roman „Ob wir wollen oder nicht” verfasst. Der Literaturkritiker Jörg Magenau moderiert den Abend im knarzigen Schiffsbauch der Cap San Diego.