Mi 19.9.12
21.00 Uhr
Ort: Cap San Diego - Überseebrücke - 20459 Hamburg
12,-/11,-

harbour front literaturfestival: andreas stichmann

liest aus seinem Roman „Das große Leuchten“, Antje Flemming moderiert

Ana mit den weißen Shorts und den schwarzen Gedanken, mit den weichen Haaren und den Springerstiefeln. Ana ist fort, vermutlich abgehauen zu ihrer angeblich im Untergrund lebenden Kommunisten-Mutter in den Iran. Durchgeknallte Ana, laszive Ana, besoffene Ana. Tankstellen überfällt sie, und „das bisschen Geficke” bedeutet ihr nichts. Rupert, der Zurückgelassene, macht sich mit seinem leicht derangierten Ziehbruder auf den Weg nach Teheran, um Ana zu finden: „Ich musste einfach an ihr riechen und ihr Gesicht ablecken. Ich hatte festgestellt, dass sie an unterschiedlichen Stellen ganz unterschiedlich schmeckte: Ihr Hals schmeckte nach Früchtetee, ihre Handgelenke eher salzig – und wenn sie schlief, schmeckte sie insgesamt süßer. Es war ein kleiner Rausch, weil sie es nicht mitbekam, weil ich so heimlich anwesend war mit meiner Zunge und meiner Nase.”

„Das große Leuchten” (Rowohlt) ist ein Text, der vor Hitze und heiß gelaufenen Gedanken flirrt, der zwischen Realität und Traum tanzt und doch zuvorderst von einer großen Sehnsucht erzählt: Ana ist gleich Geborgenheit, Normalität in all ihrer Verrücktheit. Letztlich wollen alle nur nach Hause. Andreas Stichmann, der mit seinem Erzählband „Jackie in Silber” 2008 für Aufsehen sorgte, erzählt in seinem Debütroman von jungen Menschen, die auf eine besonders bittere Weise haltlos sind, weil sie versuchen, eine bürgerliche Normalität nachzuspielen, die sie so nie gekannt haben. Auf rastlose, gnadenlose Weise packt uns der Roman bei den Schultern und zieht uns mit sich, nach Teheran, ans Kaspische Meer und zwischendrin in flimmernde, stickige Erinnerungslandschaften voll Lebensekel und verzweifeltem Sex. Wir glauben ihm alles – die opiumrauchende Avantgarde-Filmemacherin, die Mutter mit dem harten Gesicht und ohne Lebenswillen, den Derwisch, der unserem Helden ein fatales „Unvorhandensein” diagnostiziert und dass die Protagonisten Rupert und Robert heißen. Warum? Weil Andreas Stichmann makellos schreiben kann. „Ein großes Faszinosum”, befand die Jury beim diesjährigen Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb. Das unterschreiben wir hiermit.

12,-/11,-

Ana mit den weißen Shorts und den schwarzen Gedanken, mit den weichen Haaren und den Springerstiefeln. Ana ist fort, vermutlich abgehauen zu ihrer angeblich im Untergrund lebenden Kommunisten-Mutter in den Iran. Durchgeknallte Ana, laszive Ana, besoffene Ana. Tankstellen überfällt sie, und „das bisschen Geficke” bedeutet ihr nichts. Rupert, der Zurückgelassene, macht sich mit seinem leicht derangierten Ziehbruder auf den Weg nach Teheran, um Ana zu finden: „Ich musste einfach an ihr riechen und ihr Gesicht ablecken. Ich hatte festgestellt, dass sie an unterschiedlichen Stellen ganz unterschiedlich schmeckte: Ihr Hals schmeckte nach Früchtetee, ihre Handgelenke eher salzig – und wenn sie schlief, schmeckte sie insgesamt süßer. Es war ein kleiner Rausch, weil sie es nicht mitbekam, weil ich so heimlich anwesend war mit meiner Zunge und meiner Nase.”

„Das große Leuchten” (Rowohlt) ist ein Text, der vor Hitze und heiß gelaufenen Gedanken flirrt, der zwischen Realität und Traum tanzt und doch zuvorderst von einer großen Sehnsucht erzählt: Ana ist gleich Geborgenheit, Normalität in all ihrer Verrücktheit. Letztlich wollen alle nur nach Hause. Andreas Stichmann, der mit seinem Erzählband „Jackie in Silber” 2008 für Aufsehen sorgte, erzählt in seinem Debütroman von jungen Menschen, die auf eine besonders bittere Weise haltlos sind, weil sie versuchen, eine bürgerliche Normalität nachzuspielen, die sie so nie gekannt haben. Auf rastlose, gnadenlose Weise packt uns der Roman bei den Schultern und zieht uns mit sich, nach Teheran, ans Kaspische Meer und zwischendrin in flimmernde, stickige Erinnerungslandschaften voll Lebensekel und verzweifeltem Sex. Wir glauben ihm alles – die opiumrauchende Avantgarde-Filmemacherin, die Mutter mit dem harten Gesicht und ohne Lebenswillen, den Derwisch, der unserem Helden ein fatales „Unvorhandensein” diagnostiziert und dass die Protagonisten Rupert und Robert heißen. Warum? Weil Andreas Stichmann makellos schreiben kann. „Ein großes Faszinosum”, befand die Jury beim diesjährigen Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb. Das unterschreiben wir hiermit.