PHILOSOPHISCHES CAFÉ
Thema: Gewalt
Gast: Jörg Baberowski
»Die Geschichtswissenschaft gibt Antworten auf die Fragen der Gegenwart, nichts anderes.«
Es ist nicht lange her, da schien das Ende von Gewalt und Kriegen greifbar. Aber die Gewalt bricht auf, immer wieder, an alten Herden und auch unvermittelt. Eine Frage, die den Historiker Jörg Baberowski (HU Berlin) schon lange beschäftigt und zur Revision seiner Ansichten geführt hat. Der Autor preisgekrönter Bücher über den Stalinismus und die Sowjetunion sah im stalinistischen Terror zunächst eine ideologische Infektion. Dann fand er in den Archiven, dass die Kader gar nicht über Ideologie, sondern nur über Macht und Gewalt sprachen. Nun hat er die »Räume der Gewalt« global und systematisch untersucht.
Baberowski bricht mit dem Common Sense, der Gewalt »als Irrweg, Abweg oder Krankheit, die eines Tages geheilt sein wird – durch Toleranz oder soziale Gerechtigkeit«. Denn, so seine These: Gewalt verschafft Zugänge zur Macht. »Ein Argument kann ignoriert werden, ein Schlag ins Gesicht nicht. Selbst der Geringste, dem sonst niemand zuhören will, kann durch den Einsatz seiner Faust einen Machtgewinn erzielen, sich Respekt verschaffen. Wer Gewalt ausübt, bleibt im Gespräch.« Das Buch »Räume der Gewalt« erscheint bei S. Fischer. Es wird gelobt werden, und man wird es anklagen und davor warnen, denn es irritiert unsere Denkgewohnheiten: »Gewalt verändert alles, und wer sich ihr aussetzt, wird für lange Zeit ein anderer sein.«
Gastgeber: Reinhard Kahl
Mit freundlicher Unterstützung der Udo Keller Stiftung Forum Humanum
Mittwoch, 30.9.2015
19:00 Uhr
€ 10,– / 6,–
Literaturhaus